Selbstfindung

Bevor ich anfange, muss ich mir erst noch ein Glas Wein einschenken, denn in vino veritas und ich gebe hier nichts als meine Wahrheit preis (was für ein Klugscheißersatz und das am Anfang. Aber wird noch besser!).

Worüber rege ich mich eigentlich auf? Ganz einfach: Um einen kleinen, widerlichen Satz, den ich nie verstehen werde, egal ob aus dem Mund von Männlein oder Weiblein. Und ich bin mir sicher, jeder von Euch hat ihn schon mal gehört.

…..Ich muss erst mal zu mir selbst finden….

Ähm. Ja. Sacken lassen.

Okay. Ich weiß ja immer, wo ich bin. Wer ich bin, das „warum“ darüber kann man streiten, aber hey, alles im Leben lautet 42 !

Somit ist jedes weitere Nachdenken obsolet.

Nein, im Ernst (*lach*), was meinen die Menschen eigentlich mit diesem Satz? Meist folgt dieser nach einer Trennung. Viele meiner Freundinnen beendeten quasi eine Beziehung mit solch einem Satz. Noch besser ist ja eine Trennung auf Probe mit diesem „Ich lass ma alles offen und im Raum stehen“ aka „Ich muss erst mal zu mir selbst finden“.

Leute, das einzige, was ihr finden müsst, ist ne ehrliche Begründung und keine Wischi-Waschi-Ausrede für Euer Versagen in welcher Hinsicht auch immer (das war die Kurzfassung).

Wie findet Ihr Euch denn selbst? Geht Ihr zum Yoga, Feng Shui oder Chi Gong? Da hätt ich nur Angst, dass mir bei der Körperspannung kein kleinlauter Pups in der Stille entfleucht. Gut, dann habt ihr ne Stunde rumgehampelt und? Wieder gefunden?

Ihr zieht aus, sucht Euch ne neue Bude, geht on Tour, macht Nächte durch, Euer Dolormin- und Kondomverbrauch schnellt in die Höhe? Und dann habt Ihr Euch wieder gefunden?

Ihr vergrabt Euch in Eure vier Wände, lest ein Buch nach dem anderen, die Salzkristalllampe leuchtet vor sich hin? Und dann habt Ihr Euch gefunden?

Was zum Geier macht Ihr um euch wieder zu finden? Und noch besser, was tut ihr, wenn ihr euch gefunden habt? Woran merkt Ihr das?

Ich bin ja froh, abends zeitig mein Bett zu finden, den Weg zur Toilette oder den Sinn des Lebens.

Ihr seid unzufrieden? Dann ändert das, was Euch unzufrieden macht! Nehmt ab, belegt VHS-Kurse, trennt Euch von Euren Partnern, geht in Swingerclubs oder ins Kloster!

Jeder reift im Laufe seines Lebens, aber bitte, bitte, bitte nicht mit dem Spruch „Ich muss erst zu mir selbst finden“ !

19 Antworten auf „Selbstfindung“

  1. Frage: Wenn man sich selbst finden muss, wie merkt man das man sich verloren hat?
    Und wer ist man in der Zeit wo man sich sucht? Fragen über Fragen.
    Man bin ich froh das ich nicht verschütt gehen kann 😀

  2. @Gladyzone: na, iss doch so!

    @Bone: schon alleine darüber nachzudenken, da ist man doch verloren! in der zeit, in der man sich sucht, ist man genauso bescheuert wie vorher und nachdem man sich gefunden hat. äh. glaub ich. ne, verschütt geht hier niemand. sonst müsste man uns ja noch suchen? 😛

  3. .. wir können Freunde bleiben !

    Genauso blöd.

    Aber das ist das Problem der Meisten.. man will immer das, was man nicht hat. Ergo ist man mit dem, was man denn hat, meistens nicht zufrieden. Also muss man was ändern. Weil aber eigentlich alles gut ist, sucht man etwas, was man meint, ändern zu müssen, …. und weil man sich ab hier zwangsläufig irgendwann im Kreis dreht und das sowieso alles überflüssig ist….(hier könnte man jetzt eine Erklärungs-Endlosschleife anbringen oder aber eine philosophische Grundsatzdiskussion. will ich aber jetzt nicht)

    Also ich trink jetzt noch nen Wein. 🙂 Ich bin zufrieden mit dem was ich hab.

    1. was ja alles durchaus plausibel ist, nur die umschreibung finde ich grauenvoll. aber ich bin da wohl nciht sensibel genug *g*

      rückwirkend betrachtet war mein leben bisher mit höhen und tiefen genau richtig so. ok, manches hätt ich mir auch sparen können usw…..

  4. Genau so isses.
    Oft merken die Mensch gar nicht, wie dämlich ihre Begründungen sind. Okay- sollen sie doch etwas beenden oder verämdern wollen- aber bitte, weil sie es halt so wollen. Stattdessen schieben sie irgendwelche Begründungen vor, die sie oft genug noch selber glauben.

    Interessant ist nur, dass sie nach nem Jahr immer noch nicht weiter sind oder gerade mal wieder von vorne anfangen.

  5. Nun ja, da ich gerne die Minderheit abgebe….so blöd finde ich den Satz gar nicht. Zumindest nicht, wenn er ernst gemeint wäre.
    Ich habe ihn zwar noch nie benutzt, aber wenn ich darüber nachdenke, könnte er, gerade am Ende einer Partnerschaft, Sinn machen. Viele Menschen verändern sich im Laufe einer Beziehung, geben sich anders, weil sie der Meinung sind, der Partner mag sie so nicht, verbiegen sich aus Liebe zum anderen. Irgendwann funktioniert das nicht mehr und man fühlt sich in der Haut nicht mehr wohl, was ja aber nicht heißt, dass man den Partner nicht mehr liebt.
    Wenn man an diesem Punkt angekommen ist, sollte man wieder zu sich selber finden, so wie man mal „war“ und sich am wohlsten gefühlt hat. Und dann wird man sehen, ob man noch mit dem Partner klarkommt (oder er mit dir)….

    Auch ’ne Erklärung, oder??

    1. Auch wenn ich im Großen und Ganzen der Lady Pssst! zustimme, möchte ich – nicht ganz ohne eigenen Erfahrungshintergrund – hier zustimmen. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet scheint mir das „sich selbst finden“ durchaus berechtigt.

    2. Ich verstehe ja den Sinn des Satzes und auch die Art, wann und wie er benutzt wird. Aber zu sich selbst finden würde für mich (mal dein Beispiel genommen) bedeuten, ich habe keine Lust so weiter zu machen. Ich muss über meine / unsere Fehler nachdenken, nach vorne schauen und was ändern. „zu mir selbst finden“ hieße doch dann wieder so weiter machen, wie ursprünglich, also bin ich theoretisch dann irgendwann wieder am gleichen Punkt?

      Hmm… nee, für mich kommt dieser Satz irgendwie nicht in Frage. 🙂

      1. Du verwirrst mich!

        Wenn ich mich für eine Beziehung verändere, weil ich der Meinung bin, dass ich meinen Partner / meiner Partnerin so besser gefalle und irgendwann feststelle, dass ich mich so sehr verstellt habe, dass ich mir selber nicht mehr gefalle, dann möchte ich (vielleicht) wieder so werden, wie ich vor der Beziehung war.
        Also muss ich erst einmal den Weg zurück finden, wofür ich Zeit brauche. Und wenn ich dann dort angekommen und wieder ich selber bin, dann muss man sehen, ob die Beziehung so noch funktioniert….

        Oder so…

  6. Bingo (Y) Wobei, das Kloster hört sich doch mal ganz gut an oder??!!! (H) Nö, Spass beiseite. Aber ganz ehrlich. Ab und zu braucht man mal selber eine kleine Auszeit vom Alltag und auch von sich und seinem Umfeld. Einfach, um seine innere Ruhe wieder zu finden. (Vielleicht kann man auch Selbstfindung dazu sagen). Ein paar Stunden/Tage ein gutes Buch neben einer vor sich hin lodernden Salzkristalllampe lesen, Pralinen dabei zu futtern, den Körper in die absolut unsexiesten aber gmütlichsten Schmusewäsche gehüllt und das ganze noch mit 1 guten Flasche Wein abgerundet. Keine Familie, keine Freunde, kein Chef…nix/nada.
    Ich brauche das ab und zu. Auch um mich selber wieder zu feinden. Danach gehe ich wieder ganz anders in meine gewohnte Umgebung. (Y) (L)
    Liebe Grüsse ausm Ösiland
    Nila

  7. Ich hatte meine heftigste „Selbstfindungsphase“ zwischen meinem 13. und 16. Lebensjahr.
    Jeden Abend rutschten meine Hände unter die Bettdecke und die „Selbstfindung“ begann…

    Und? Hat es was gebracht? Wirst du mich jetzt fragen.

    Ja. Ich war nachher immer sehr zufrieden. Und diese Zufriedenheit hält bis heute noch an.

    Ich muß gut darin sein.

    Also, wenn mal eine deiner Freundinnen zu sich selbst finden will, gib mir ihre Telefonnummer, ich kann ihr dabei helfen… (H)

  8. Dann gehöre ich zu der Minderheit, die den Satz ebenfalls nicht so blöd findet. 😉

    Mir passiert es immer wieder, dass ich mich – aufgrund der Kompromisse, die ich halt privat und im Job gezwungenermaßen eingehen muss – gelegentlich „selbst verliere“. Also überlege ich schnell, ob ich das, was ich da tue, wirklich tun will oder ob das mal wieder so ein Verpflichtungs-Gefälligkeits-Ding ist. Allerdings gehe ich nicht ins Kloster oder pilgere sonstwohin, um mich selbst zu finden. (H)

  9. Also ich verstehe den Satz… das Problem ist, wenn jemand die Wörter so oder anders interpretiert, dann kann ich noch so lange meine Version erklären… wird nichts bringen.
    Ich bin der Überzeugung, dass alle Menschen ihr Leben lang, zu jeder Minute und sogar nachts während dem Schlafen auf der Suche nach sich selber sind. Denn alles was wir wahrnehmen, ist nur eine Interpretation der Wahrheit; alles, was wir fühlen, ist sowieso schwer zu verstehen; das was wir jemandem mitteilen wollen, können wir nur in grobe Worte beschränken; vieles, was wir tun, ich meine sogar alles, jegliches Handeln, ist nicht wirklich frei gewählt…

    Fazit: die Selbstfindung ist meiner Meinung nach das zentrale Thema des Lebens, doch wir werden den Weg nie beenden können, weil man nicht ankommen kann… und wenn, dann hat das Leben keinen Sinn mehr und (buddhistisch gesehen) man kann ins Nirvana aufsteigen 🙂 oder was auch immer.

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